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SonntagsBlick v. 21.04.2019

external page"Sie glauben noch immer an Atomkraft"

Hier für Interessenten meine ungekürzten Antworten:

Der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas ist eine gewaltige Aufgabe, die ohne Kernenergie nicht gelingt. Die Speicher für Wind- und Solarstrom benötigen viele Ressourcen, ohne selbst Energie zu produzieren. Batterien zum Beispiel Lithium und Kobalt. Hier werden Umweltbelastung und Aufwand unterschätzt. Häufig höre ich, dass zum Erfolg der Energiewende «nur noch» das Speicherproblem gelöst werden muss. Ich halte es bei den erforderlichen Dimensionen für unlösbar. Kernkraftwerke liefern Bandenergie ohne speichern zu müssen.

Kernkraftwerke sind sehr umweltfreundlich, vorausgesetzt sie sind sicher. Natürlich gibt es negative Umwelteinflüsse, aber aus wenig Material wird sehr viel Energie gewonnen. Der CO2-Ausstoss bei der Kernenergie ist pro Kilowattstunde gerechnet nur noch bei Wasserkraftwerken und Windgeneratoren vergleichbar niedrig.

Es kommt also auf die Sicherheit an, um diesen Vorteil nutzen zu können. Ich würde mir neue Anlagen mit passiven Sicherheitssystemen wünschen. Passiv heisst, die Notkühlung funktioniert ohne Strom. Eine Katastrophe wegen einem Ausfall der Notstromdiesel ist mit passiven Systemen nicht vorstellbar.

Die Kernkraftwerke in der Schweiz haben keine passiven Notkühlsysteme. Längere Zeit ganz ohne Strom und eine Kernschmelze wäre unausweichlich. Trotzdem halte ich sie für so sicher, dass man sie mit gutem Gewissen noch eine Weile weiter betreiben kann. Bei ihnen sind Notstromgeneratoren nämlich in Gebäuden untergebracht, die einen ähnlichen Schutz bieten, wie das Reaktorgebäude. Und zum Reaktor ist ja selbst in Fukushima der Tsunami nicht vorgedrungen.

Bei der Kernspaltung entsteht äusserst gefährlicher Abfall, aber wieder sind die Volumen pro Kilowattstunde sehr klein. Bis zur Abschaltung können die Reaktoren in der Schweiz etwa 1500 Milliarden Kilowattstunden erzeugen. Rückbau und Tiefenlagerung sollen weniger als 25 Milliarden Franken kosten. Ohne Rendite auf Rückstellungen sind das 1.6 Rappen pro Kilowattstunde, real dann etwa 1 Rappen. Das kann auf die Brennstoffkosten aufgeschlagen werden, und das wird in der Schweiz so gemacht.

Es ist genug Geld da, um die ausgedienten Brennelemente in Stahlkanister mit 15 Zentimeter dicken Wänden einschweissen und mehrere hundert Meter tief einlagern zu können. Das ist der Plan. Im Opalinuston korrodiert der Behälter nur sehr langsam und falls radioaktive Stoffe frei werden, kommen sie im Ton auch nur sehr langsam vorwärts. Sie haben ausreichend viel Zeit um zu zerfallen, bevor sie Schaden anrichten können. Das ist bei der Forschung herausgekommen.

Ich halte eine nüchterne Abwägung für dringend notwendig: Die Risiken einer gut gemachten Kernenergie gegen die Risiken des Verzichts auf Atomkraft. Für mich ist das Risiko des weltweiten Scheiterns der Energiewende viel zu gross, um auf Kernkraft zu verzichten.
 

Horst-Michael Prasser
 

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